Wie bewerten Sie den Trend zur Plattformökonomie?
Der Trend zur Nutzung von Plattformen besteht schon länger und die wachsende Bedeutung zeichnet sich deutlich ab. Dafür sind mehrere Faktoren verantwortlich: Die immer breitere Anwendung von standardisierten Schnittstellen erlaubt die Integration von mehr Angeboten in einem Zugang. Unter dem Stichwort „One-stop shop“ erwartet der Kunde heute mehr Services an einem Ort, idealerweise dem Ort seiner Wahl. Das gilt sowohl für die digitale Verortung des Angebots als auch für die tatsächliche räumliche und zeitliche Erreichbarkeit. Hierbei kommt das Smartphone als alltäglicher Begleiter und Zugangsweg für alles, was sofort gebraucht wird und erledigt werden kann, ins Spiel. So können Unternehmen, auch zusammen mit dem Internet of Things, immer mehr Angebote direkt in den Alltag der Kunden integrieren. Diese Bemühungen sind derzeit noch fragmentiert – nach meiner Einschätzung werden die Kunden künftig einige wenige zentrale und starke Plattformen bevorzugen, die diese Angebote bündeln. Kurz: Ich halte den Trend zur Plattformökonomie für zentral, er hat das Potenzial, den Wettbewerb der Zukunft zu bestimmen, auch im Bereich der Versicherungen.
Haben Banken/Sparkassen bessere Voraussetzungen beim Aufbau von Plattformen als Versicherer?
Das würde ich so nicht sagen. Im Plattformgeschäft geht es darum, dem Kunden Komfort durch zentralen und persönlichen Zugriff auf ein großes und intelligentes Angebot an Produkten und Services zu bieten. Produkte, Mehrwerte und Kompetenzen müssen verknüpft und integriert werden, um den Kunden besser zu verstehen und zu bedienen. Ein Erfolgsfaktor dafür ist natürlich die Frequenz der Kundeninteraktion. Hier haben Banken und Sparkassen sicherlich einen Vorteil, denn mit seinem Konto oder Depot „arbeitet“ der Kunde aktiver als mit einer Versicherung, die oft nur bei konkretem Absicherungsbedarf oder im Schadenfall aktiv benötigt wird. Sowohl Bank- wie auch Versicherungsprodukte sind aber Bestandteil nahezu aller relevanten Lebensbereiche der Kunden – vom Wohnen über Freizeit bis hin zur Mobilität. Wir sehen sehr interessante Vorstöße von Versicherern in vielen Bereichen, wie z.B. rund um die Rechtsschutzversicherung oder auch bei Lebensversicherungen. Versicherungen können verschiedene Ansätze verfolgen: sich an Plattformen anbinden, die Lebensbereiche abbilden, wie Mobilität, Sport oder das Smart Home. Sie können ihre eigenen Plattformen betreiben und dort dritte Partner integrieren. Oder sie können sich an eher universelle Plattformen für Finanzangelegenheiten anschließen – wie die digitale Finanzplattform der Sparkassen. Alle drei Wege sind – mit entsprechenden Aufwänden – möglich. Am Ende ist vieles eine Frage der Technologie, bzw. der Prozesse, Daten und Schnittstellen. Die Stärke liegt hier sicherlich darin, dass Sparkassen und öffentliche Versicherer gemeinsam für den Kunden da sind und ihn auf seinem Weg begleiten, egal ob online oder mobil oder auch weiterhin in der stationären Beratung in der Filiale oder mit dem Berater per Video-Chat.
Welche „Plattformstrategie“ verfolgt die Sparkassen Finanzgruppe und welche Rolle spielt dabei die FI?
Die Sparkassen-Finanzgruppe hat hier unter Federführung des DSGV die Strategie „Finanzplattform“ definiert. Sie setzt auf weitgehende Offenheit für die Zusammenarbeit mit Drittanbietern. Wir wollen Privat- und Firmenkunden möglichst viele attraktive und innovative Produkte und Dienstleistungen in einer „One Single Platform“ bieten. Zusammen mit dem Sparkassen Innovation Hub (S-Hub) hat die FI im Rahmen des DSGV-Projektes die API-Management-Strategie der Sparkassen-Finanzgruppe entscheidend mitgeprägt. So stellt sich die Sparkassen-Finanzgruppe strategisch auf und ermöglicht über eine Vielzahl von standardisierten Schnittstellen und Services die Entwicklung von innovativen Produkten für unsere Privat- und Firmenkunden basierend auf den Daten der Plattform. Mit dieser API-Management-Strategie machen wir große Schritte im Bereich Open Banking. Zur technischen Umsetzung dieses Ansatzes wurde gemeinsam eine neue API-Plattform entwickelt. Die Plattform ist auf der einen Seite die Basis für die bereits seit März 2019 zu Testzwecken nutzbare gemeinsame Schnittstelle der Sparkassen und Landesbanken zur Umsetzung der PSD2-Richtlinie. Auf der anderen Seite bietet die API-Plattform die technische Grundlage, damit Sparkassen ihre bankfachlichen Funktionen für die Vernetzung mit anderen Ökosystemen bereitstellen können.
Wie sieht dabei die Zusammenarbeit mit FinTechs und Drittanbietern aus?
Basis für die Zusammenarbeit mit FinTechs und Drittanbietern ist seit 2019 das Sparkassen-Developer-Portal als zentraler Anlaufpunkt für Informationen über die APIs der Sparkassen und in naher Zukunft auch der Verbundpartner wie der öffentlichen Versicherungen. Entwickler und FinTechs können sich auf diesem Portal die vorhandenen APIs, deren Funktionsweisen, Dokumentationen sowie mögliche Use Cases abrufen. In der Zusammenarbeit legen wir Wert auf ein aktives Management der Beziehungen zu Drittanbietern. Vor einer Zusammenarbeit werden sie validiert und aktiv über die fachlichen Möglichkeiten informiert und beraten.
Damit wollen wir ein offenes, aber auch sicheres Vernetzen mit anderen digitalen Ökosystemen sicherstellen.
Wie lange wird es Ihres Erachtens dauern, bis sich Plattformen im Vertrieb von Bank- und Versicherungsprodukten durchsetzen?
Ein Stück weit sind wir da heute schon, denn bereits jetzt können Sparkassen-Kunden über die Internet-Filiale medienbruchfrei viele Leistungen von Verbundpartnern und insbesondere den öffentlichen Versicherern abschließen. Gleichzeitig sehen wir, welche Dynamik bspw. Vergleichsplattformen oder Buchungsportale entwickeln, wenn es um angeschlossenes Versicherungs- oder Finanzierungsgeschäft geht. Deshalb treiben wir dieses Thema so intensiv voran.