Können Ihrer Meinung nach InsurTechs ohne ein eigenes Produktangebot, also mit reinem B2C-Service, heute nachhaltig erfolgreich sein?
Das ist definitiv möglich. Allerdings gibt es mit Sicherheit einfachere Branchen für Start-ups. Schließlich bleiben Versicherungen und das damit verbundene Vertragsmanagement Push-Produkte. Selbst etablierte Versicherer und Intermediäre haben hier Probleme. Zudem wird die Branche stark von regulatorischen Anforderungen getrieben, deren Umsetzung für kleinere InsurTechs nicht einfach ist. Die Insurance Distribution Directive, kurz IDD, oder der Cloud Computing Compliance Controls Catalogue sind zwei Beispiele dafür.
Welche B2C-Geschäftsmodelle halten Sie überhaupt für erfolgversprechend?
Wie schon erwähnt sind Versicherungen Push-Produkte, die auf Vertrauen basieren und auf den Risikoausgleich im Kollektiv setzen. Dafür gibt es bei uns in Europa hohe aufsichtsrechtliche Anforderungen. Hier haben etablierte Versicherer einen deutlichen Vorteil. InsurTechs könnten aber an der Schnittstelle zwischen Kunde und Versicherer als Verwaltungsplattform für verschiedene Verträge fungieren – und durch kundenzentrierte Apps einen hohen Mehrwert für Kunden schaffen. Multibanking-Apps gehören heute beispielsweise zum Standard. Warum sollte dies nicht auch für Versicherungsmanager gelten? Spannend finde ich ebenfalls den Community-Gedanken, den einige InsurTechs verfolgen. Würde es einem Unternehmen gelingen, einen relevanten Teil seiner Zielgruppe zur aktiveren Diskussion zu bewegen, könnten diese Foren und Arbeitsgruppen innovative Beiträge leisten und vor allem kundennahe Produkte entwickeln.
Welche der B2C-InsurTechs sehen Sie in Deutschland gut positioniert?
Da wäre erst einmal der Vertragsmanager CLARK. Er hat eine beachtliche Nutzerzahl erreicht und scheint einen echten Nutzen für die Kunden zu adressieren. Dies ist auch der Grund, weshalb die Versicherungskammer bei CLARK eingestiegen ist und aufbauend auf dieser Kooperation den Sparkassen-Versicherungsmanager entwickelt hat. Vielversprechend ist sicherlich auch der Ansatz einer „situativen Autoversicherung“ von Friday. Häufig hört man zudem Namen wie Coya und ottonova. Hier muss jedoch die Zeit zeigen, ob es den Unternehmen wirklich gelingt, dauerhaft profitabel zu sein und mit ihrer Zielgruppe zu wachsen.
Wie müssen sich Ihrer Meinung nach Versicherungsservices für Endkunden verändern, damit sie stärker nachgefragt und wirtschaftlich tragfähig werden?
Versicherungen sind individuelle und beratungsintensive Produkte. Die Hauptaufgabe wird deshalb „Customer Centricity“ sein – also den Kunden deutlich in den Mittelpunkt zu stellen. Es ist wichtig, verschiedene Zugangswege zu ermöglichen, die die Kunden je nach Produkt oder individuellem Bedürfnis nutzen können. Beispiele sind hier Bankassurance, digitale Kanäle, aber auch der klassische Versicherungsberater vor Ort oder per Videoberatung zu Hause. Bisher ist die Versicherungsbranche gut aufgestellt, jetzt geht es darum, auch für junge Kundengruppen attraktiv zu bleiben.